Nachts auf einer Sandbank in Singapur. Mit Blick auf das neu aufgeschüttete leuchtende Festland, fragen sich Wang und Mindy, wo sie überhaupt sind. Denn schlafwandelnd sitzen sie und all die Neubauten schließlich auf importiertem Sand aus Malaysia oder Vietnam.

Mit seinem zweiten Film konstruiert der singapurische Regisseur Leo Siew Hua eine Geschichte von zwei Schlaflosen und vermengt Film Noir, Sozialrealismus und andere Genre zu einem mysteriösen Fiebertraum.

Mit blass-grauen Aufnahmen führt uns Hua auf einen der unzähligen Bauhöfe zur Landgewinnung. Dort bricht sich der schweigsame, unterjochte chinesische Wanderarbeiter Wang den Arm.

Statt ihn daheim zu lassen, nutzt ihn der rücksichtslose Baustellenleiter als Fahrer für seine Bauarbeiter aus. Dadurch trifft er den aufgeschlossenen indischen Arbeiter Ajit, der ihm das Leben näher bringen möchte. Aufklären möchte den Fall der müde wirkende Ermittler Lok. Die Ermittlungen des ebenso Introvertierten führen ihn die prekäre Arbeiterunterkunft von Wang. Halb verloren, halb ermittelt wandert er auf denselben Wegen umher, wie der vermisste und genauso schlaflose Wang.

Diesen zeiht es in ein nahegelegenes Cybercafe. Emotionslos versucht er sich mit Ego-Shootern abzulenken, während er seine Seele per Chat bei einem User entleert. Gleichzeitig zieht ihn dort sein seltsamen Verhältnis mit der abgestumpften Punkerin Mindy hin. Einer Mangafigur gleichend, verdreht sie als junge dominante Fantasiefigur Männern den Kopf. Sie hat kein Problem damit, die männliche Klientel zurechtzuweisen und scheut sich nicht davor, ihnen Befriedigung abseits der PCs anzubieten.

Der Film, der den Zuschauer erst durch seinen langsamen Rhythmus Zeit gibt, seine abwechselnd monotonen und neondurchfluteten Bildern zu bestaunen, verliert im Laufe jedoch seinen Halt. Spätestens nach einer Szene, die der eines asiatischen Horrorfilmes gleicht, entläuft dem Film nicht nur seinen Realitätsanspruch, sondern auch seine Aussagekraft.

Wie in Treibsand wird seine sozialrealistische Botschaft verschluckt, während er mehr und mehr einem Fiebertraum gleicht. Auch wenn diese uns Aufschluss geben können über das Innere eines Charakters, verliert Huas Werk diesen Beigeschmack nicht mehr. Realität und Fiktion verschwimmen genauso, wie die sowieso schon ähnlichen Charaktere von Lok und Wang. Als Zuschauer ist man ratlos. Ratlos über was wann wo wie warum weshalb.

Auch wenn Leo Siew Huas Vorhaben, all diese Genres zu kombinieren, Respekt verdient hat, bleibt es ein Versuch. Denn obwohl der Film uns durch seine bestechenden Farben und Bilder in seinen Bann zieht, verliert er die Kraft seiner Botschaft und uns durch seine Überambition. Letztlich könnte man wohl zynisch sagen, dass der Film ist, wie das Image von Singapur selbst: eine ästhetisch beeindruckende Konstruktion, die alles will, aber dadurch weniger ist.