Das Bild eines braunen Windhundes auf einer grünen Wiese. Der Protagonist und Voice-Over Erzähler ist Regisseur Julian Radlmaier, der sich quasi selbst verkörpert und gleichzeitig von einem Hund dargestellt wird. Klingt zunächst einmal kompliziert, doch in diesem Film sind selbst russische Hochliteratur und politische Ideologien für jeden verständlich.

Der Film beginnt mit mehreren Erzählsträngen, die immer wieder durch den Voice-Over Erzähler kommentiert, erklärt und ergänzt werden. Koreaner Hong und Esoteriker Sancho entscheiden sich als Ex-Museumswärter eine Karriere als Apfelpflücker anzustreben.Julian ist pleite und hat eine Schreibblockade. Er wartet verzweifelt auf eine Drehbuchförderung. Derweil vertreibt er sich die Zeit mit dem Herumhängen als Scheinexistenz. Sein Müßiggang wird allerdings vom Arbeitsamt nicht länger toleriert: Er soll als Erntehelfer tätig werden. Julian interessiert sich für die Kunststudentin Camille und erzählt ihr von seinem neuen Filmprojekt, das es gar nicht gibt, in dem er ihr aber die Hauptrolle anbietet. Er verkauft seine Tätigkeit auf der Apfelplantage als Recherchemaßnahme und schwärmt so überzeugend von der politischen und sozialen Bedeutsamkeit seines Projektes, dass Camille unerwarteter Weise mit an Bord kommt.

Die weitere Handlung findet also zwischen Apfelbäumen statt, unter denen auch die beiden Erzählstränge und deren jeweilige Protagonisten zusammenfinden. Es treffen weitere bizarre Charaktere hinzu, auf die am ersten Morgen eine poetische Ansprache von Mrs. Gottfried erwartet, die in den blumigsten Worten und Phrasen wie „lustige Ernteolympiade“ und „abendliches Nachpflücken“, dann doch klarstellt, dass es sich bei der Apfelernte um reine Ausbeutung handelt. Die Bilder wechseln zwischen sattem Grün und knalligem Rot und bedrückender Enge und Dunkelheit im Männerschlafgemach, in dem Anna Karenina als Gutenachtgeschichte herhalten muss.

Der Film ist geprägt von seinem besonderen äußeren und inneren Aufbau: Lange Einstellungen, ein Wechselspiel von realistisch, fast dokumentarisch wirkenden Bilder,n Einzelporträts der Charaktere und bildkräftigen, idyllischen Naturaufnahmen. Der Hintergrund wirkt oftmals wie eine Kulisse, die in voller Pracht zur Geltung gebracht wird, schon bevor und auch nachdem die Charaktere sie betreten und wieder verlassen haben. Die Figuren sind internationaler Herkunft, und es wird daher auf nicht lupenreinem Englisch miteinander kommuniziert.

Ein Mönch in roten Turnschuhen taucht auf, und auch wenn er zunächst nicht viel von der Apfelpflückerei und den Regeln der Weltwirtschaft versteht, fügt er sich bald in die Gruppe ein und mischt diese auf. Nach einem Unfall von Mrs. Gottfried proben die Apfelpflücker den Aufstand und wollen einen Kommunismus ohne Kommunisten gründen.

Hier beginnt ein zweiter Teil des Films auf einer Metaebene. Julian sinniert, dass sich hoffentlich zumindest ein Film aus dem Aufenthalt auf der Apfelplantage machen lässt, und es scheint als wäre ihm dies vergönnt. Man sieht ein Kinopublikum. Existiert dieses Publikum wirklich oder ist es erdacht? Es folgt ein Film im Film, der die weiteren Abenteuer des Mönchs, von Camille, Hong und Sancho zeigen, die sich der Prophezeiung der Vögel folgend auf nach Italien machen, ins gelobte Land des Kommunismus ohne Kommunisten.

Es wird viel Sinn und Unsinn geredet. Zwischendurch immer wieder weiße Wolken in blauem Himmel und der Windhund auf grüner Wiese. Verschiedene Realitäten und Logiken vermischen sich, fantastische Elemente fügen sich ein. Radlmaiers Abschlussfilm an der Dffb ist eine ironische Komödie, in dem Märchen und Wunder zur Wirklichkeit werden, Fantasie und Illusion zur Wahrheit, sodass es einen am Ende auch kaum stört, dass der Regisseur ein Hund ist.

Von Anna Bell

Gesehen beim 10. LICHTER Filmfest Frankfurt International als Teil der neuen Reihe „Zukunft deutscher Film“.
Bundesstart am 08. Juni 2017 in knapp 30 deutschen Städten. In Frankfurt zu sehen im Mal Seh’n Kino.