Vielleicht lässt sich über THE APPLE OF MY EYE vorweg sagen, dass seine Leichtigkeit das eigentlich Schöne am Film ist, denn gerade diese Leichtigkeit erschafft der Film gleich zu Beginn und entlässt damit seine Zuschauer*innen aus dem Dunklen auch wieder – vielleicht mit einer neuen Sensibilität für die Bilder, die sie draußen empfangen, denn im Dunkeln bewegen sich in diesem Film alle Figuren, die Licht sehen können. Der Einstieg in die Geschichte gestaltet sich durch seine abrupte Montage noch etwas holprig, ohne seinen Sinn zu vermitteln. Theo, ein melancholischer Musiker, ist der etwas stereotype Antiheld des Films. Er ist gerade mit seinem Bruder frisch in eine Wohnung in das Haus gezogen, in dem auch die bildhübsche Elise und deren Schwester wohnen. Der Aufzug des Wohnhauses wird zur Begegnungsstätte, die darin gekritzelten Liebesbotschaften fungieren als Kapitelüberschriften, die sich als zentrales Motiv durch den gesamten Film ziehen.

Das Handlungsgerüst ist nicht sonderlich komplex, sodass der Film hauptsächlich vom Spiel und der bezaubernden Ausstrahlung seiner Protagonistin Mélanie Berniers als Elise lebt. Sie hebt sich dabei durch ihre schauspielerische Leistung klar von der übrigen Besetzung ab. Als Einzige, die mit dem Herzen das Wesentliche sieht und durch ihre Blindheit den wahren Durchblick besitzt, verkörpert sie gewissermaßen die Botschaft des Filmes. Elise weckt in Theo den Plan, sich blind zu stellen, um Elises Herz zu erobern.

Theo hangelt sich mit seinem Bruder zwischen Arbeitsamt und schlecht bezahlten Aufträgen auf Hochzeitsgesellschaften durch sein Leben. Hierbei kommt durchweg Situationskomik auf, die bisweilen allerdings ein wenig konstruiert erscheint. Ohnehin ist der Verlauf der Geschichte leicht vorhersehbar, doch gerade dies zeichnet ihre Leichtigkeit aus. Nicht nur die Pariser Kulisse mit ihren atmosphärischen Altbauwohnungen und pittoresken Hinterhöfen, sondern auch die Dialoge und hinderlichen Missverständnisse zwischen Theo und Elise sind in ihrer französischen Art charmant. Theo, der in seiner stoffeligen und mitunter arroganten Art nicht recht mit Elises Blindheit umzugehen weiß, verliebt sich immer mehr in sie und gibt vor ebenfalls blind zu sein. Seine täglichen Annäherungsversuche im Aufzug ihr gegenüber scheitern zunächst durch Theos ungehobelte Art, sodass Elise zunächst verletzt reagiert und schließlich enttäuscht, als sie erfährt, dass Theos Blindheit bloß ein Trick gewesen ist.
Aber was wäre ein erwartbares Happy End ohne Hindernisparcours?!

Die Nebenhandlung – eine Liebelei zwischen Elises Schwester und Theos Bruder – wirken hingegen wie Füllstoff. Ein bleibender Moment des Films hingegen ist, wenn die Protagonistin auf ihrem Klavier Beethovens „Für Elise“ spielt, das Lied leise durch die Hauswände dringt und bei den beiden Brüdern Entnervung auslöst. Das Happy End ist gleichzeitig Höhepunkt des Films und verleiht dieser Komödie – nicht zuletzt durch eine sehr spritzige Schlussszene – in all ihrer Konventionalität seine Einzigartigkeit. So verliert das vermeintliche Schicksal eines Lebens in Dunkelheit durch die Verspieltheit und den Witz von THE APPLE OF MY EYE an Schwere.

von Stella Christin Dunze

Gesehen beim äuft beim LICHTER Filmfest Frankfurt International im internationalen Wettbewerb zum Thema „Wahrheit“.