Der Film spielt in Mexiko und zeigt den ruhelosen, tristen und grausamen Alltag der betroffenen Angehörigen, die ihre Familienmitglieder vermissen, betrauern und nach Antworten suchen. Viele wissen nicht, was mit ihren eigenen Kindern, Geschwistern oder Eltern geschehen ist, außer dass sie nahezu unauffindbar sind. Es ist wie das Suchen einer Stecknadel ohne Heuhaufen. Jeder tut dies auf seine eigene Art und Weise. Silvia Banda Pedroza verteilt Flyer ihrer verschwundenen Tochter Fabiola in öffentlichen Bussen. Fabiolas Freund war Polizist, sie selbst Prostituierte. Auf den Fotos lächelt sie. Silvia beklebt damit Straßenlaternen und Wasserflaschen, die sie an Touristen weitergibt. Sie hofft jeden Tag, dieses Lächeln wiederzusehen.

Gustavo de la Rosa kann nicht mehr hoffen. Seine Frau wurde vor seinen eigenen Augen erschossen. Seither streunt er als Menschenrechtler in den Straßen Mexikos umher, um das Geschehene zu begreifen. Vor dem Supermarkt „Mercado reforma“ spricht er wütend in die Kamera. Hier gibt es keine Überwachungssysteme. Keine Sicherheit. Obwohl dieser öffentliche Platz einer der gefährlichsten in ganz Mexiko ist, schert sich die Regierung nicht darum, den für hunderte Entführungen bekannten Ort sicherer zu machen.

Julie Elie zeigt leere Straßen, schwarz-weiße Palmen. Ein Stoppschild vor einem Stacheldrahtzaun. Einen fahrenden Zug bei Nacht. Streunende Hunde, auf der Suche nach ihren Besitzer*innen. Die heruntergekommene Hotelbar Verde taucht auf. Ihre düstere Vergangenheit voller Verbrechen an Frauen durch Polizisten verblasst hinter dem Schriftzug ihrer besudelten Mauern: „Quiero Justicia!!!“ Ein Aufschrei nach Gerechtigkeit, nach Menschlichkeit – verstummt er?

Gefilmte Straßenszenen voller Menschen und Fahrzeuge lassen dieses Labyrinth Mexikos erahnen, in welchem die Betroffenen ihre Nächsten suchen. Viele unter ihnen, wie Paula Flores, erleben ihre vorerst gelungene Suche als einen nie endenden Alptraum: Ihre Tochter wurde in Juarez Valley tot aufgefunden. Es ist erneut einer der gefährlichsten Orte Mexikos. Es gibt viele von ihnen. Escatepec, Xalapa, Veracruz.

The abject power architecture attracts its victims, submits them in advance, sinks them in its crevices, makes them disappear or destroys them without leaving a trace.”

Schon in den ersten Minuten des Films erscheint dieses Zitat von Sergio Gonzalez Rodriguez (1950-2017). Der mexikanische Journalist berichtete über die Frauenmorde in Juarez von den 90ern bis zu den 2000ern. Er spricht von einer erbärmlichen Machtstruktur, die ihre Opfer unterwirft, verschwinden lässt und zerstört, ohne dabei Spuren zu hinterlassen. Die Kollision zwischen dem institutionellen System und den organisierten Verbrechen lösche alles aus, sogar die Erinnerung.

Eine Antwort auf die Frage, wer die Verantwortlichen sind, erscheint unmöglich.

Gustavo de la Rosa verweist auf gefährliche Gangs wie „El Mili“, die in Drogengeschäfte verwickelt sind. Sie seien verantwortlich für die organisierten Verbrechen. Unter dem Einverständnis der mexikanischen Regierung und Polizei wüten sie weiter. Die Schuldigen bleiben im Schatten versteckt und deren Terror endet nicht.

Julien Elies Film zeigt dies auf. Es ist als würde man den Überblick über die Betroffenen verlieren. Immer wieder wird eine neue Geschichte erzählt, ein neues Schicksal nimmt seinen Lauf. Unzählige Gesichter tauchen auf. Sie untermalen die allgegenwärtige Hilflosigkeit. Mit jeder weiteren mit Stacheldraht abgesperrten Landfläche, die sich im Besitz der Regierung befindet und Leichen beherbergt, werden die Antworten drängender und zugleich mühsamer. Mütter und Väter scharren im Dreck. Plötzlich tauchen Schuhe auf. Knochen kommen ans Licht: eine weitere Leiche im Keller der Regierung.

Die Interviews mit den weinenden und teilweise leer wirkenden, fast abgestumpften Betroffenen verstärken dieses Gefühl als ein Zeichen der Hilflosigkeit in diesem Labyrinth von Bestechung, Gewalt, Angst und Terror.

Der Film lässt keine Hoffnung zu. Wo bleiben die Antworten auf die unzähligen Fragen? Selbst die gefilmte Sonne erscheint dunkel.