Ein junger Staatsanwalt im Nachkriegsdeutschland der Verdrängung auf der Suche nach Gerechtigkeit: Im Labyrinth des Schweigens (2014) von Giulio Ricciarelli erzählt die Vorgeschichte der Frankfurter Ausschwitz-Prozesse.

Frankfurt im Jahr 1958. Ein Schulhof, Kinder spielen, die Sonne scheint, es wird gelacht und gesungen. Die Wirtschaft ist im Aufschwung, Krieg und Nationalsozialismus sind vergessen. Doch der Schein trügt. Die Vergangenheit lässt sich nicht so einfach verdrängen. Täter und Opfer des Nationalsozialismus, sie sind beide Teil der Gesellschaft,  zufällige Zusammentreffen auf der Straße erscheinen nahezu alltäglich. Die einen wollen vergessen, während es die anderen nicht können.

Mit einer solchen zufälligen Begegnung beginnt der Film von Giulio Ricciarelli. Der junge Staatsanwalt Johann Radmann wird durch einen Hinweis des Journalisten Thomas Gnielka, der mit einem ehemaligen Ausschwitz-Häftling befreundet ist, auf die Vergehen der Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs aufmerksam. Dies erschüttert ihn so in seiner bisherigen Weltanschauung, dass er sich auf die Suche nach der Wahrheit um die Geschehnisse in Ausschwitz begibt, ankämpfend gegen den im Nachkriegsdeutschland vorherrschenden Wunsch nach Verdrängung und gegen die latente Unwissenheit. Er will das Schweigen brechen und die Täter bestrafen.

Ricciarelli greift mit diesem Film ein sensibles Thema der deutschen Geschichte auf, wählt hierbei jedoch einen bedeutenden Moment. Die Frankfurter Ausschwitzprozesse.  Ein Wendepunkt, mit dem ein Land bewusst versucht, die eigene Vergangenheit aufzuarbeiten. Ein Weg, den der Film als einen langen und schweren darstellt. Diesen Weg beschreitet Alexander Fehling in der fiktiven Rolle des Johann Radmann, dessen schauspielerische Leistung den Film zusätzlich wertvoll macht. Fehling gelingt es, einen von der Wahrheit getriebenen Gerechtigkeitsverfechter („Tu stets das Richtige“) zu spielen, der sich mit dem Voranschreiten der Ermittlungen immer mehr in dem Labyrinth aus deutscher Bürokratie, Justiz, Unwissenheit und Verdrängung zu verlieren scheint, und sich von einem überkorrekten Beamten zu einem schnapsgläserleerenden, verbissenen Pessimisten entwickelt.

Giulio Ricciarelli gelingt mit Im Labyrinth des Schweigens ein spannungsgeladener Spielfilm zu einem sensiblen Thema deutscher Geschichte, das niemals in Vergessenheit geraten sollte. Ein Thema, das angesichts der schwindenden Zahl an Zeitzeugen zunehmend relevant wird, um immerfort an die Geschehnisse des Holocaust und des Nationalsozialismus zu erinnern und sich der Gefahr eines solchen Regimes bewusst zu sein. Es ist ein Film, der lange nachwirkt, da er uns erinnert und unser Bewusstsein schärft.  Die Menschen sollen aus diesem historischen Fehler lernen und verhindern, dass so etwas noch einmal passiert. Denn wie schon im Film gesagt wird: „Die einzige Antwort auf Ausschwitz ist, selber das Richtige zu tun.“

(Festivalkritik im Rahmen des LICHTER Filmfest 2015)