Whistleblowing, ein englischer Begriff, bedeutet die Trillerpfeife blasen. Der Ausdruck stammt ursprünglich aus dem Bereich der Exekutive. Wenn ein Polizist die Trillerpfeife bläst, so tut er dies, um vor einer Gefahr zu warnen. Das Whistleblowing als Warnsignal, das im Deutschen sehr oft mit dem negativ besetzten Begriff „Verpfeifen“ übersetzt wird.

In Cyril Tuschis Dokumentarfilm kommen beide Ansichten zur Sprache – Whistleblowing als Staatsverbrechen im Kontrast zum Whistleblowing als notwendigem Schritt zum Erhalten der Demokratie.

Es ist beeindruckend, wie viele dieser Whistleblower Tuschi vor die Linse bekommen hat. Durch die zahlreichen Interviews mit Schlüsselfiguren verschiedener Datenklau-Skandale, wie zum Beispiel Daniel Ellsberg, Julien Assange und Thomas Drake, verschiebt sich der Fokus deutlich in Richtung der Sichtweise der Whistleblower. Zwar kommt auch ein Verfechter der deutschen Vorratsdatenspeicherung aus Kreisen der Regierung zur Sprache, allerdings tritt er als einziger Repräsentant der Gruppe derer auf, die den Überwachungsskandal nicht als Anlass zu einer Veränderung in der Politik sehen. Deshalb kann schnell der Eindruck entstehen, dass es ausschließlich die Regierung ist, die Whistleblowing für verwerflich und die Datenspeicherung für sinnvoll hält.

Leider ist die bildliche Untermalung vieler Szenen mit Panorama- und Luftaufnahmen von Berlin weder prägnant noch zwingend, da die Stadt keine erkennbare Verbindung zu dem Gesagten zu haben scheint. Sie wirken einfallslos, wie Platzfüller und wiederholen sich immer wieder. Die starken Beiträge der Interviewpartner verblassen vor dem Hintergrund einer unspektakulären Kulisse. Auch wenn es vermutlich kaum möglich ist, das Innenleben der Institutionen abzulichten, die im Mittelpunkt des Datenskandals stehen, um das Gesagte zu unterstreichen, hätte eine Abwechslung bei der Bildauswahl dem Film eine stärkere Dynamik verliehen.

Zudem gibt es in der Dokumentation viele Passagen, die gestellt zu sein scheinen. Ein junger Mann tippt eine Whatsapp-Nachricht auf seinem Handy, die der Zuschauer über dessen Schulter hinweg mitlesen kann. Aber wer würde sich schon ernsthaft über die Schulter sehen lassen, wenn er eine wirklich private Nachricht versendet? Auf der anderen Seite: ist es nicht genau das, was die NSA tut? Schwingt dann vielleicht doch in dieser Art des Filmens eine unterschwellige Ironie mit?

Die gesamte Machart von Cyril Tuschis Dokumentation mag einem also entweder unprofessionell oder doch geschickt im Einsatz ihrer stilistischen Mittel erscheinen. Insgesamt kann der Film trotz der prominenten Polit-Besetzung aufgrund seiner schwachen Bebilderung nicht überzeugen.

Tjarda Tiedeken

Zu sehen als Teil der regionalen Langfilme außerhalb des Wettbewerbs beim 9. LICHTER Filmfest Frankfurt International.