Inhalt

Der Film beginnt mit der kurzen aber intensiven Begegnung zwischen dem Mädchen Asako und dem Mädchenschwarm Baku. Er verkörpert den Freigeist und ist ihre erste große Liebe. Sie muss ja glücklich sein, wenn er sich für sie interessiert, denn sie ist ja nicht unbedingt eine Schönheit, urteilt die Mutter pragmatisch. Er wird nie ohne sie fortgehen, verspricht Bako Asako und sie ist glücklich. Sechs Monate später geht er ohne sie fort und kommt nicht mehr wieder.

Zwei Jahre später gibt sie das Warten endgültig auf und geht in die große Stadt Tokyo, um dort in einem Coffee-Shop zu arbeiten. In einem der Büros, die dieser Coffee-Shop beliefert, kommt es zur Begegnung zwischen Asako und Ryohei, der Baku zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie ist verwirrt, stößt ihn von sich weg und läuft davon. Er findet sie interessant, ist aber durch ihr Verhalten nun auch verwirrt. Laut und frustriert schreit er am Balkon der Firma seinen Frust hinaus, denn sie vergleicht ihn mit einem „Baku“, dem chinesischen Schriftzeichen für Tapir. Auf seinem Smartphone erscheinen die Bilder von einem: er scheint wohl nicht ihr Typ zu sein…

Doch schließlich lässt sie sich auf ihn ein, nicht nur, aber auch wegen der Vermittlung ihrer Freundin Maya, die von Asakos Vergangenheit mit Baku allerdings nichts weiß. Nach und nach planen die beiden eine gemeinsame Zukunft und besichtigen ein Haus. „Willst du mich heiraten?“, fragt Ryohei sie. Da beichtet Asako es ihm, mit sehr schlechtem Gewissen, und ohne eine große Szene nimmt er es entgegen, denn er weiß es ja schon lange: er hat auf seinem Smartphone weiter recherchiert. Baku ist in der Zwischenzeit ein bekanntes Model geworden und sein Gesicht – und damit auch das von Ryohei – auf jeder Reklametafel und in jedem Werbespot zu finden. Die Beziehung von einst scheint schon lange Vergangenheit zu sein und zwischen Ryohei und Asako ist nun alles geklärt. Happy End.

Doch genau da taucht Baku wieder auf und steht vor Asakos Tür. Sie stößt ihn, wie davor Ryohei, von sich weg und schlägt verwirrt die Wohnungstür zu. Aber Baku ist hartnäckig und taucht erneut beim gemeinschaftlichen Essen mit Maya und Ryohei im Restaurant auf. Und Asako nimmt seine hingestreckte Hand, verlässt das Gebäude und steigt in sein Auto. Die Freundin Maya bricht schwanger unter Tränen zusammen. „Du brauchst nie mehr wiederzukommen! Der arme Ryohei, wie kannst du nur!“ Aber am Ende steigt Asako aus Bakus Auto, uft zurück und Ryohei wieder hinterher wortwörtlich.

Eindruck

Asako 1&2” hat in der Umsetzung viele gute Ansätze und der Film lief nicht umsonst 2018 in Cannes. Die zart herauszoomende Kamera, wenn Asako Baku in den ersten Begegnungen verliebt hinterherwinkt und dann einfach nach hinten umfällt. Wenn sie sich, in einem zartgelben Oberteil, in eine dezent gemusterte blaue Decke hüllt und die Verlorenheit von Ryohei, alleine in seiner kleinen, dunklen Wohnung. Alle Farbstimmungen sind so fein und reduziert abgestimmt, dass sie im Hintergrund unbemerkt bleiben und so die Charaktere sensibel unterstützen können. Auch im Schnitt sind durchdachte Details in den Wiederholungen versteckt: so winkt Asako verliebt Baku hinterher, der da nicht wiederkommen wird; viel später wird sie Baku noch einmal symbolisch zum Abschied hinterher winken. Da aber wird er wiederkommen…

Noch viel mehr könnte man aufzählen, aber leider verliert es immer mehr an Zugkraft: denn jenseits der liebevollen und ästhetischen Gestaltung von Details plätschert der gesamte Inhalt leider auf einem emotionalen Trockengebiet. Von Anfang an durchzieht eine hartnäckige Inkonsequenz den Film. Da kann auch ein dramatisches Erdbeben nicht so recht aufwühlen, denn jeder Schrecken wird in den durchgekauten Beziehungsmustern weichgespült. So bleibt alles oberflächlich und harmlos: mit Händchenhalten oder Berührungen an der Wange will man eine Zartheit vermitteln, die oft an der Grenze zu Sentimentalität wandelt.

Dazwischen sind alle Gefühle und Beweggründe des Hauptcharakters, Asako, komplett abhängig und bestimmt von Baku. Auch wenn dieser schon lange nicht mehr in ihrem Leben ist, dann ist er es als Royhei. Keine Entscheidung ist emotional eigenständig und im Rückblick wundert man sich fast, wie sie es aus eigenem Antrieb in den Coffee-Shop geschafft hat. Besonders gegen Ende, wenn sie im Restaurant einfach mit Baku mitgeht, und alles andere plötzlich zurücklässt, bleiben ihre Motivationen nur schwer nachvollziehbar: man wandelt mit ihr wie in einer scheinbaren Traumsequenz, die sich einfach nicht auflösen möchte.

Vielleicht ist die Buchvorlage für den Film in unserer Gesellschaft nicht mehr ganz so zeitgemäß oder die Drehbuchadaption für eine wirkliche Ironisierung noch zu weich. „Ich kann dir nicht mehr vertrauen“, sagt Royhei am Ende zu ihr, nachdem er vorher symbolisch minutenlang vor ihr fortgelaufen ist. Trotzdem lässt er sie wieder in sein Haus. Trotzdem wird es weitergehen. Die herrenlose Katze wird wieder aufgenommen und sie ordnet sich puppenhaft und brav unter. Denn das Gesicht von Baku hat gesprochen und so sei es.

Fazit

So können leider die tollen Kameraeinstellungen, die feinfühlige Farbgebungen und die eigentlich gut verwobene Inszenierung nicht über das gefühlte Flachland der Inhalte hinwegtäuschen. Man steht in einer Szene mit Asako am Staudamm und möchte ihr zurufen „Bitte spring endlich“, damit der Gefühlsstaudamm endlich aufbrechen und wenigstens die eingeengten Emotionen (des Zuschauers) sich aus den dahinplätschernden, einengenden Schemata lösen können. Man rennt in dem Film mit ihr von einer Empfindung, einem Ereignis und Erlebnis in das nächste und verlässt das Kino doch leider unberührt.

„Asako 1&2“

Regisseur: Ryūsuke Hamaguchi

Drehbuch: Sachiko Tanaka, Ryūsuke Hamaguchi nach dem Roman „Nete mo samete mo“ von Tomoka Shibasaki

Japan/ Frankfreich 2018, 119 Minuten