Betroffene schildern, was ihnen angetan wurde, und die Regisseurin Mala Reinhardt gewährt den Zuschauenden immer wieder kurze atmosphärische Aufnahmen, in denen versucht werden kann, den Atem wiederzufinden. Überlebende und Angehörige von Mölln, Rostock-Lichtenhagen und dem sogenannten NSU-Komplex berichten, was ihnen widerfahren ist und wie sie seither damit leben.

Ibrahim Arslan war sieben Jahre alt, als er Oma Bahide, Schwester Yeliz und Cousine Ayşe in einem rassistischen Brandanschlag verlor. Er überlebte, weil seine Oma ihn in nasse Tücher gewickelt in die Küche gelegt hatte. Dort könne er sich nur noch an die brennenden Töpfe erinnern.

Osman Taşköprü verlor 2001 seinen Bruder Süleyman durch einen der NSU-Mordanschläge und musste danach miterleben, wie seine Familie monatelang von der Polizei verdächtigt und überwacht wurde, weil die Ermittler zunächst davon ausgingen, der Vater habe ihn aus Streit um Geld umgebracht.

Mai-Phuong Kollath wurde in den 80er Jahren als Vertragsarbeiterin aus Vietnam in die DDR geholt. Das Haus, in dem sie zehn Jahre gelebt hatte, brannte 1992, während 3000 Menschen davor johlten und klatschen. Das Ereignis bildete das schwerste Pogrom seit 1945, doch als sich der Gedenktag zum Brandanschlag auf das Sonnenblumenhaus zum zwanzigsten Mal jährte, wurden sie und all die anderen Vietnames_innen nicht eingeladen.

Der Film kann als Dokument gesehen werden, in dem Betroffene zu Wort kommen, die bis zu dem Zeitpunkt noch nicht bereit waren zu sprechen, die noch zu traumatisiert waren oder die schlicht übergangen wurden. Immer wieder werden auch Archivmaterialien verwendet und politisch-aktivistische Aktionen mit eingebunden, die in den Folgejahren der Gräueltaten organisiert wurden, gemeinsam mit jenen Menschen.

Solch ein Dokumentarfilm kann in Zeiten von Halle und Hanau als Erinnerungsanstoß genutzt werden, um es mit den Worten einer Holocaust-Überlebenden zu sagen, die auf dem Tribunal ‚NSU-Komplex auflösen‘ sprach: „Wir stehen nicht am Anfang. Wir sind mittendrin.“ Der zweite Anschlag bezeichnet laut Ibrahim Arslan das Verbrechen an den Opfern und ihren Angehörigen nach der eigentlichen Tat. Der Ausschluss aus der Planung der eigenen Gedenkfeier, das Verdächtigen der eigenen Familienmitglieder, das nicht Aufarbeiten der rassistischen Strukturen und die Fehler des Verfassungsschutzes.

Zwei Monate nach dem rechtsterroristischen Anschlag in Hanau, bei dem neun Menschen ihr Leben verloren, erinnert der Film an das System und die Strukturen von rechtem Terror in Deutschland in den letzten 40 Jahren. Der ansonsten sehr besonnen und ruhig erzählte Dokumentarfilm endet damit, dass die Opfer der Gewalt genannt werden und zeigt, dass keine Perspektive je so relevant sein kann wie die ihre und dass ohne sie kein Erinnern möglich ist.