Langsam fährt die Kamera über das Fell eines weißhaarigen Pferdes. Ein Mann versucht, dem scheuen Tier ein Geschirr anzulegen. Minutenlang sehen wir bei dieser wortkargen Zeremonie zu und begreifen, dass das Pferd eine besondere Bedeutung für die ‘erzählte Welt’ des Films hat. Regisseur Benedikt Erlingsson hat 2013 mit “Of Horses and Men” (Hross í oss) sein Spielfilmdebüt gefeiert und einen sehr einnehmenden Film abgeliefert. Er entstand aus einer deutsch-isländischen Koproduktion und ist ein Oscar-Kandidat für den besten fremdsprachigen Film im Jahr 2014 gewesen.

Der Film handelt von der starken Bindung einer Gruppe isländischer Bewohner zu ihren Pferden, der Liebe und tragischen Toden. Genauer gesagt besteht die Handlung aus sechs Geschichten, die diese Isländer gemeinsam mit ihren Reittieren erleben. Die schwarze Komik dieser wortarmen Tragikkomödie entsteht zum Teil durch die Umstände, in die die Figuren geraten. Wenn man sieht, wie die Stute Grána von dem Hengst Brúnn begattet wird und währenddessen der Weltmann Kolbeinn (Ingvar E. Sigurðsson) auf seiner geliebten Stute sitzt, kann man sich dem Witz dieser Situation kaum erwehren. Erst recht, wenn man das entsetzte Gesicht von Kolbeinn sieht und den sichtlich glücklichen Brúnn, nachdem dieser fertig ist.

Der Verzicht auf große Dialoge wird kompensiert durch die offenkundige, oft aber auch belustigende Mimik der Schauspieler. Der Witwe Solveig (Charlotte Bøving) ist ihre Eifersucht ins Gesicht geschrieben, wenn sie jedes Mal grimmig dreinblickt, weil Kolbeinn tröstend eine kürzliche gewordene Witwe umarmt.

Tragischer Tod und die situative Komik gehen Hand in Hand. Man kann sich nicht entscheiden, ob man Vernhardur (Steinn Armann Magnusson), der sich von seinem Braunen zu einem russischen Trawler schwimmen lässt, um den Seemännern Alkohol abzukaufen und sich darauf hin zu Tode säuft, nachtrauern oder über diesen grotesken Moment lachen soll.

Auch verdeutlicht der isländische Regisseur und Schauspieler Erlingsson, dass die Menschen, die in diesem abgeschiedenen Ort Islands leben, der rauen Natur ausgesetzt sind und deshalb auf ihre Tiere angewiesen sind. Ein Beispiel dafür wäre der spanische Tourist Juan Camillo (Juan Camillo Roman Estrada), der bei einer Tour mit einem geliehenen Pferd zurück bleibt und gezwungen ist, es zu töten, um es auszuweiden und sich in dessen wärmendem Leib vor der Kälte zu schützen. Das wiederkehrende Motiv, dass sich ein Stacheldraht in dem Auge eines Pferdes oder ein Pferd im Auge eines Menschen spiegelt, betont die starke Bindung zwischen Mensch und Tier.

Der Film enthält viele Totalen und Super-Totalen der unberührten isländischen Landschaft. Die dramatischen Momente, in denen häufig die Täler zu sehen sind, werden durch die hervorragende Filmmusik mit passenden instrumentalen Klängen untermalt. In halbtotalen und halbnahen Einstellungen werden die Bewegungen der Figuren mit sehr atmosphärischen Bewegungsgeräuschen verstärkt, wodurch eine fast schon meditative Stimmung entsteht.

Mit seinem Erstlingswerk hat Benedikt Erlingsson einen charmanten Film geschaffen, der durch seine starken Aufnahmen, die sympathischen Figuren und den pointierten, schwarzen Humor allerlei absurder Situationen glänzt.