
Dem allwissenden Erzähler die Kamera weggenommen: “Bikini Moon” von Milčo Mančevski
Bikini ist eine Kraft, das ist von Anfang an klar. Das Dokumentarfilmteam, welches sie begleitet, wird angeleitet von dem Regisseur Trevor (Will Janowitz). Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, Bikinis schweren Weg zurück in die Normalität festzuhalten, mit allem, was seiner Meinung nach dazugehört: Aufarbeitung der traumatischen Ereignisse während Bikinis Einsatz im Irak, ihre... Weiterlesen

FRANZ BIBERKOPF RELOADED: “SOLLERS POINT” von Matt Porterfield
Für eine gute Geschichte ist ein Held vonnöten, der ein Ziel verfolgt. So die goldene Regel jeder Drehbuchklasse. Ein Protagonist, der ein Ziel im Blick hat, treibt eine Erzählung voran, macht sie lesenswert und spannend. Ausnahmen bestätigen so ein Gesetz schon mal, da wäre zum Beispiel Döblins “BERLIN ALEXANDERPLATZ“, dass in den Achtzigern von Rainer... Weiterlesen

Heilsamer Abschied: “Journey to the Shore” von Kiyoshi Kurosawa
An einem Abend steht plötzlich der Geist von Yusuke (Tadanobu Asano) im Wohnzimmer, setzt sich an den Esstisch und macht sich über den Nachtisch her. Mizuki (Erik Fukatsu), eine noch recht junge melancholische Klavierlehrerin im Ballungsraum von Tokio, trifft dieses unverhoffte Wiedersehen in ihrer Wohnung wie ein Schlag. Seit dem Tod ihres Ehemanns Yusuke vor... Weiterlesen

Eine Tour de Force der Moral: “Urok” beim “goEast”-Filmfestival 2015
Wann ist eine Tat richtig und gut? Wann ist sie moralisch? Die Lehrerin Nadentze scheint in „Urok“, gezeigt im Rahmen des „goEast“-Filmfestivals 2015, auf diese schwerwiegenden Fragen zunächst eine klare Antwort zu haben. Ihren Schülern will sie vermitteln, dass das Stehlen eines Geldbeutels sicher nicht auf dem Weg liegt, den ein mündiger, moralischer Mensch geht. Sollte man... Weiterlesen

Weder gut genug als Wolf, noch als Mensch – Ničije Dete („Niemandskind“) von Vuk Ršumović
Jäger erledigen im Wald einen Wolf und finden kurz darauf einen nackten Jungen (Denis Murić). Ohne Ausweise, geschweige denn Hab und Gut, und unfähig zu sprechen, wird der Junge von einer Beamtin auf den Namen Haris Pućurica getauft und in ein Kinderheim in Belgrad gebracht. So beginnt im Jahr 1988 die Erzählung des Jungen, die... Weiterlesen

Gelebte Gegenwart – “Juliregen” von Marlen Khutsiev
Moskau im Sommer, Regen im Juli. Marlen Khutsiev betrachtet in Juliregen / Iyulskiy dozhd die aufstrebende Tauwetter-Generation mit einem gleichsam neugierigen und kritischen Blick. Es bedarf des Zufalls, dass sich aus der anonymen Masse einige der Passanten herausschälen, um unter einem Dach Zuflucht vor einem heftigen Regenschauer zu suchen, und dabei ins Gespräch kommen. Wie lange... Weiterlesen

„No need to be afraid. That was long time ago“ – Kosac (“Der Sensenmann”) von Zvonimir Juric
Eine Frau namens Mirjana (Mirjana Karanovic) bleibt mit ihrem Auto nachts in der kroatischen Pampa liegen. Der Traktorfahrer Ivo (Ivo Gregurevic) kommt ihr zur Hilfe. Als sie an einer Tankstelle Benzin für ihr Auto holt, während Ivo im Traktor wartet, macht sie der Tankwart darauf aufmerksam, dass ihr Chauffeur ein verurteilter Straftäter ist – er... Weiterlesen

Geld stinkt doch! Konsumterroristin – “Soldate Jeannette” von Daniel Hoesl
Fanni (Johanna Orsini-Rosenberg) kauft in Luxusboutiquen, wohnt in einer geräumigen, chic möblierten Altbauwohnung, tätigt Insidergeschäfte für ihre ebenso wohlhabenden Bekannten, plant Flugreisen und verbringt ihre Tage zwischen Fitnessstudio und Wellnesstempel. Fanni trägt Perlenkette und LouisVuitton-Täschchen, Burberry-Mantel und eine stoische Gelassenheit zur Schau. Fanni spricht blasiertes Schönbrunner Deutsch und selten die Wahrheit. Fanni ist pleite –... Weiterlesen

“ICH HASSE KUNST, DIE SICH ZU ERNST NIMMT” – Interview mit Regisseur Telémachos Alexiou (QUEEN ANTIGONE)
Antigone ist oft Schullektüre an unseren Gymnasien. Welche Stärke und Schönheit Sophokles’ Text entfaltet, ist mir aber erst durch Athena Mathious Rezitationen im Film wieder bewusst geworden. Welche Bedeutung hat das Stück für Sie, dass Sie es als Gerüst für Ihren Film gewählt haben? Das Stück bietet mit seinem wunderschönen Text eine perfekte Allegorie für... Weiterlesen

Dieses Land will Zuckerguss – “Im Labyrinth des Schweigens” von Giulio Ricciarelli
Ein junger Staatsanwalt im Nachkriegsdeutschland der Verdrängung auf der Suche nach Gerechtigkeit: Im Labyrinth des Schweigens (2014) von Giulio Ricciarelli erzählt die Vorgeschichte der Frankfurter Ausschwitz-Prozesse. Frankfurt im Jahr 1958. Ein Schulhof, Kinder spielen, die Sonne scheint, es wird gelacht und gesungen. Die Wirtschaft ist im Aufschwung, Krieg und Nationalsozialismus sind vergessen. Doch der Schein trügt.... Weiterlesen

Unbequeme Freiheit – “A Blast” von Syllas Tzoumerkas
Syllas Tzoumerkas erzählt mit A Blast die Geschichte einer radikalen Emanzipation im krisengeschüttelten Griechenland. Eine Handvoll Frauen sitzen in einem Stuhlkreis. Wir wohnen der Sitzung einer Selbsthilfegruppe gegen häusliche Gewalt bei. Eine der Frauen beginnt, ihre Geschichte zu erzählen. Ihr Mann kommt nach Hause und beschimpft sie. „Du bist nichts wert und zu nichts zu... Weiterlesen

Nur die Sorgen bleiben – “Stray Dogs” von Tsai Ming-liang
Zwei Kinder liegend schlafend nebeneinander, man hört ihr Schnarchen. Am Bett sitzt eine Frau, sie kämmt sich die pechschwarzen Haare. Schnitt, die Kinder laufen in einem Wald umher, es wird kaum geredet. „What a big tree“ sagt das Mädchen. „Careful“ entgegnet der ältere Junge, als sie auf dem unebenen Waldboden umzuknicken droht. In einem Stil,... Weiterlesen